22.11.2023

Kosteneinsparung und Wertschöpfung im Einkauf

Der RFX-Prozess im Detail

Der Vergabeprozess, insbesondere die Ausschreibung (RFQ, RFP) von Leistungen unter Wettbewerbsbedingungen wird allgemein als eine der Kernkompetenzen im Einkaufsumfeld gesehen. Eine zentrale Voraussetzung für die Erfüllung der Anforderungen des Kunden ist die exakte Beschreibung der Anforderungen und der dazugehörigen Qualitätskriterien. Nur so kann auch ein fairer Wettbewerb zwischen den Anbietern sichergestellt werden.

Der Schlüssel zur Durchführung eines guten Ausschreibungsprozesses liegt in der Kenntnis der Kalkulations- und Preisbildungsmechanismen des betrachteten Marktes. Nicht immer liegt in den fokussierten Warengruppen oder bei speziellen Produkten diese Expertise bereits vor. Doch auch in diesem Fall können wir uns der Werkzeuge des Einkaufs bedienen, um den Lieferantenmarkt besser verstehen zu lernen. (RFI)

  • 1. RFI – Request for Information

    Zu Beginn des Beschaffungsprozesses gilt es, die Anforderungen an zu beschaffende Services oder Produkte möglichst gut zu verstehen. In dieser Phase sollte auch schon eine Vorstellung des angestrebten Vertragskonstrukts und einer taktischen oder strategischen Lieferantenbeziehung entwickelt werden.

    Im Gegensatz zum RFQ besteht das Ziel des RFI darin, passende Lieferanten zu identifizieren. Daher sollten die Anforderungen sich nicht nur auf technische Spezifizierungen beschränken, sondern auch Aspekte der Unternehmenskultur berücksichtigen, um hochwertige Lieferanten zu identifizieren und zu qualifizieren.

    Die Qualifizierung potentieller Lieferanten kann dabei auf verschiedene Weise stattfinden, wie etwa durch das Einbeziehen aktueller oder ehemaliger Supplier, Marktrecherchen, oder selbstständig eingegangene Lieferantenangebote. Ein detaillierter Qualifikationsprozess kann sehr zeitintensiv sein, stellt aber sicher, dass die Anbieter im folgenden kommerziellen Bieterprozess alle Vorgaben erfüllen.

    Den Zeitaufwand zu Beginn des Prozesses auf sich zu nehmen, führt zu einer Zeitersparnis in späteren Phasen des Prozesses, in denen man sich somit nur noch auf die Verhandlung finaler Vertragsbedingungen fokussieren kann. Das Ergebnis des Qualifizierungsprozesses sollte eine Shortlist von 3 bis 5 Anbietern sein, welche im kommerziellen Bieterprozess in Wettbewerb treten.

  • 2. RFP – Request for Proposal

    Der Request for Proposal ist im Sprachgebrauch von Einkaufsbeteiligten meist nicht klar vom RFQ – Request for Quotation abgetrennt. In einem 3- Stufigen Prozess (RFI – RFP- RFQ) werden in dieser Phase erste kommerzielle Angebote der Shortlisted Supplier auf Basis der Kommunikation im Rahmen des RFI und ergänzenden Leistungsbeschreibungen (z.B. SLA´s – Service-Level-Agreements) eingeholt, bei denen die Zustimmung des Lieferanten für ein Zustandekommen eines Vertrages notwendig ist.

    Ein RFX-Prozess mit dem RFQ- vorgelagerten RFP-Prozess bietet die Möglichkeit gewünschte Innovationen der Bieter in der finalen Anforderungsmatrix und somit im kommerziellen Bieterwettbewerb zu integrieren und die Prozesse der Preisbildung noch besser verstehen und berücksichtigen zu können.

    Für die Lieferanten bietet dieser Prozess die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten zur Kostenreduktion und Produktoptimierung unter Beweis zu stellen. Für den Fall, dass von mehreren Lieferanten unterschiedliche Produktvarianten vorgestellt werden, ist es für den Einkäufer notwendig, genauere Angaben zu diesen Variationen zu erhalten. Nur so kann er sich anschließend unter Berücksichtigung der Umsetzbarkeit für die beste Variante entscheiden.

    Wichtig bei unterschiedlichen Produktspezifikationen ist auch, dass die Anforderungen der Bedarfsträger sich tatsächlich an den Anforderungen des eigenen Unternehmens und nicht an den Spezifikationen eines Lieferanten orientieren. Falls es sich um die Neu-Ausschreibung eines bereits bezogenen Produkts handelt, sollte auch der mögliche Aufwand eines Wechsels berücksichtigt werden. Gerne wird dieser aber auch als Pauschalargument gegen eine aufwändige, aber sinnvolle Kostenoptimierung verwendet.

  • 3. RFQ – Request for Quotation

    Der letzte Schritt des RFX-Prozesses ist die RFQ-Phase, in welcher die Einkäufer Angebote der vorselektierten Produzenten meist im Rahmen einer formellen Ausschreibung einholen. An dieser Stelle werden keine Veränderungen an den Anforderungen mehr vorgenommen, da diese bereits während des RFP vollständig optimiert wurden. Auf Grundlage der Ausschreibungsergebnisse erfolgen dann die finalen kommerziellen und vertraglichen Verhandlungen i.d.R. mit dem günstigsten Anbieter.

Warum sollten Sie einen strukturierten RFX-Prozess in Ihre Beschaffung einbinden?

Der größte Vorteil des RFX-Prozesses liegt in dem Potential für Kostenersparnisse, welches durch die Optimierung des Produktes und die Schärfung der Anforderungen im Rahmen des RFP entsteht.

Darüber hinaus ermöglicht Ihnen ein detaillierter RFI-Prozess, den besten Produzenten zu finden, der nicht nur Ihren technischen Anforderungen gerecht wird, sondern auch kompatible unternehmerische Ziele verfolgt. Dies unterstützt den langfristigen Aufbau von Lieferantenbeziehungen und vermeidet hohe Aufwände für wiederkehrende Lieferantensuche.

 

Time-to-Market als zentrale Herausforderung

Allerdings spielt in einem hochdynamischen wirtschaftlichen Umfeld die Time-to-Market eine immer zentralere Rolle, weshalb auch alternative Modelle in die Erwägungen hinsichtlich des optimalen RFX-Designs einbezogen werden sollten. Denn beim Thema Time-to-Market sind langwierige Einkaufsprozesse, in denen der Bedarf noch genau geklärt werden muss, häufig das entscheidende Nadelöhr.

 

Agile - Innovativer Lösungsansatz für effizienten Einkauf

Doch genau hier bietet der „Agile Werkzeugkasten“ alternative Vorgehensweisen für einen schlanken und ebenfalls zielführenden Einkaufsprozess. Ein agiler Ansatz zur Lösung dieses Konflikts kann beispielsweise ein Prozess sein, welcher auf möglichst nicht mehr als fünf Wochen verdichtet wird und in einem ca. zweitägigen Beschaffungsworkshop, dem „Big Room Event“, gipfelt. Hier werden in einem zeitlich fixierten, intensiven gemeinsamen Workshop Produktanalyse, Entscheidungs- und Vergabe Prozess diskutiert.

Die Realisierung eines agilen Einkaufsprozesses verlangt allerdings ein „Agiles Mindset“ bei Kunden und Lieferanten, das oft noch fehlt. Dennoch sollten wir bei der Planung großer Einkaufsprojekte die Möglichkeiten dieser Methode im Kopf behalten.

Zusammenfassend ist es die zentrale Aufgabe des Einkaufs durch die Vorgabe des geeigneten Vergabe-(RFX-)Prozesses maximale Wertschöpfung unter Einbezug von kommerziellen, qualitativen und prozessualen Gesichtspunkten zu erzielen. Deshalb sollte dem RFX-Design das angemessene Augenmerk zu Beginn jedes Beschaffungsprozesses gewidmet werden.

 

Kontaktieren Sie uns hierzu gerne, um Ihre eigenen Möglichkeiten auszuloten und gemeinsam Ihre Ausschreibung erfolgreich durchzuführen.

Ihre Ansprechpartner

Dies ist ein Porträtfoto von Thilo Girth.

Thilo Girth

Senior Manager
Dies ist ein Porträtfoto von Michael Lohmann.

Michael Lohmann

Junior Manager