06.12.2023

Plattformökonomie im Banking

Plattformbanking - Die Zukunft des Bankings

In einer Welt, in der künstliche Intelligenz (KI) fest etabliert ist und die Plattformökonomie als aufstrebendes Thema ins Blickfeld rückt, ist es an der Zeit, die Implikationen der Plattformökonomie für die Bankenbranche genauer zu betrachten. Während der Trend im europäischen Marktumfeld noch schleichend Fahrt aufnimmt, ist er im asiatischen und US-amerikanischen Markt durch Unternehmen wie WeChat, AliPay oder ApplePay nicht mehr wegzudenken. Auf der Handelsblatt BankingTech Jahrestagung war Platftformbanking daher eines der zentralen Themen. Nicht nur deswegen bewertete der Intero Consulting Banking Trend Monitor 2023 diesen Trend als aufstrebend und nahe der „Einführungsphase“. (Weitere Informationen dazu finden Sie HIER)

Dieser Beitrag beleuchtet den aufstrebenden Trend im Detail und wagt eine Wettbewerbsanalyse des europäischen bzw. deutschen Markts

 

Plattformökonomie – eine allgemeine Definition

Die Plattformökonomie bezeichnet internetbasierte Geschäftsmodelle, die Anbieter und Kunden auf einem digitalen Marktplatz zusammenbringen. Die Vorteile reichen von regelmäßigen Umsätzen bis zur Nutzung nachgelagerter Produkte, wie beispielsweise Abonnements, sowie Dienstleistungen. Weltweit bekannte Beispiele aus bankenfremden Bereichen sind Giganten wie Amazon, Ebay, Spotify und Airbnb.

 

Treiber und Erfolgsfaktoren der Plattformökonomie im Banking

Die Plattformökonomie im Bankensektor wird von äußeren, wie beispielsweise Kundenbedürfnisse, Technologie, worunter unter anderem KI, API und Regulatorik fallen, als auch internen Treibern, dazu zählen Angebotserweiterung, Effizienzsteigerung sowie Zugang zu Technologien und Märkten,  vorangetrieben. Besonders relevant ist die Regulatorik, welche Open Banking fördert. Zu Open Banking werden Systeme gezählt, die den Austausch von Finanzdaten zwischen Nutzern und externen Partnern ermöglichen. Regulative und dennoch innovative Meilensteine hier sind die Payment Service Directive 2 (PSD2) aus dem Jahr 2018 sowie die angekündigte FIDA-Verordnung, worauf im weiteren Verlauf des Textes eingegangen wird.

Eine Plattform ist jedoch nur dann erfolgreich, wenn eine bestimmte Reichweite, Skalierbarkeit, Vertrauen und effiziente IT-Systeme bestehen. Spezifische Erfolgsfaktoren von Banking-Plattformen sind unserer Erfahrung nach ein breites Produkt- und Serviceangebot, ein klarer Customer Journey sowie ausnahmslose Funktionalität.

Im Bankenumfeld beschleunigen dabei FinTechs und BigTechs diesen Wandel durch den schnellen Aufgriff der Treiber und Erfolgsversprechen.

 

Geschäftsmodelle im Plattformbanking

Banken können verschiedene Geschäftsmodelle in der Plattform verfolgen, die sich vor allem in der Rolle der Bank und der Angebotstiefe unterscheiden. Die gängigsten Modelle sind:

  • Bank-as-an-Utility-Sheet (Angebot von Bankprodukten auf anderen Plattformen),
  • Banking-as-a-Service (Angebot von Infrastrukturen/Bankenlizenzen),
  • Customer Experience (Partnerschaften von Banken und bankenfremden Unternehmen für mehr User Experience) und
  • Banking-as-a-Plattform (die Bank als Betreiber einer eigenen Plattform).

Für alle Modelle gibt es prominente Beispiele, deutlich visualisiert in der Abbildung. Internationale Wettbewerber wie ApplePay setzen dabei auf das Customer-Experience-Modell, indem sie Partnerschaften mit Banken wie Goldman Sachs eingehen, während hingegen WeChat und AliPay das Banking-as-a-Platform-Modell verfolgen.

Die Auswahl des geeigneten Modells einer Bank hängt von der Bewertung der Markttreiber beziehungsweise Erfolgsfaktoren ab. In der nachfolgenden Abbildung sind sowohl Beispiele als auch Vorteile der Modelle nochmals aufgeführt:

 

Europäischer und deutscher Markt in der Kurzanalyse

Bereits seit der Einführung von PSD2 nimmt Plattform Banking auch im europäischen Raum Fahrt auf. Schrittweise haben seitdem Start-Ups aber auch die großen US-Tech-Konzerne, wie beispielsweise Apple und Google, Plattformbanking-Services im europäischen Markt eingeführt und verzeichnen seitdem einen stetig wachsenden Marktanteil. Ein Beispiel ist die Einführung von Google Pay noch bereits zur Einrührung der neuen Zahlungsrichtlinie in 2018.  Hintergrund für den Markteintritt der BigTechs war die nun geschaffene Möglichkeit über Schnittstellen (APIs) auf Bankdaten zuzugreifen. Aber wo stehen dabei die deutschen Banken?

Vor allem im Bereich der Platzhirsche der groß- und mittelständischen deutschen Banken wie Hypo Vereinsbank, Deutsche Bank sowie den Sparkassen herrscht aktuell noch Zurückhaltung bei diesem Thema. Diese Marktteilnehmer setzen vor allem auf den Ausbau von Partnerschaften wie unter anderem das Angebot konzerninterner Versicherungen bei den Sparkassen und verzeichnen kaum Investitionen in Plattformbanking innerhalb der letzten Jahre. Primär nimmt man deren Aktivitäten im Bereich "Bank as an utility & balance sheet" war - beispielsweise durch die Anbindung an die Baufinanzierungsplattform Interhyp.

Anders sieht es im Bereich der Challenger-Banken wie N26, Solaris, Qonto und Revolut aus. Diese greifen den Trend auf und werben aktiv nach Teilnehmern an deren Plattformen. N26 beispielsweise baut ein Banking-as-a-Platform Modell auf, indem es auf seiner App diverse Dienste anderer Unternehmen integriert wie beispielsweise Barzahlen, auxmoney, TransferWise und der Allianz. Das Banking-as-a-Service Modell der Solaris Bank hingegen fokussiert sich auf die Bereitstellung von Banklizenzen für bankenfremde Unternehmen, um selbst Bankleistungen unter deren Namen anzubieten.

Als Lichtblick auf dem europäischen Großbankenmarkt kann die skandinavische Privatbank SEB, Schwedens größte Universalbank, genannt werden. Mit dem Produkt SEB Embedded bietet die Bank Banking-as-a-Service für Retailkunden an und ist damit Pionier im Großbankenmarkt.

Mit der im Juni 2023 vorgeschlagenen Einführung von FIDA mit dem Ziel von mehr Innovation und Datenschutz wird der Wettbewerbsdruck für die deutschen Großbanken zusätzlich steigen. FIDA wird Kunden mehr Kontrolle über alle eigenen Finanzdaten geben und so den Wandel von Open Banking zu Open Finance vollziehen. Künftig wird es möglich sein, alle Finanzdaten auf Knopfdruck über Data Sharing mit den vom Kunden bestimmten Anbietern zu teilen. Dies kann den Plattformtrend weiter beschleunigen, da Kunden sich ihr individuelles Financial Home – also einen aus ihrer Sicht geeigneten, möglicherweise bankenfremden Anbieter, der alle Finanzdaten über Schnittstellen verwaltet – selbst gestalten können. Dieser vorgeschlagene Rahmen kann neben den Kunden vor allem für die Challenger-Banken ein Vorteil sein – stellt jedoch eine enorme Herausforderung für große Häuser dar.

Fazit – An Plattformbanking geht kein Weg vorbei

Die Plattformökonomie ist im Banking auf dem Vormarsch, und die internationalen Anbieter beziehungsweise Start-Ups sind den EU-Platzhirschen hier voraus. Durch angekündigte regulatorische Öffnungen des EU-Markts sollten die deutschen Großbanken den Trend jetzt aufgreifen, um ihre Marktanteile zu verteidigen.

 

Gerne helfen wir Ihnen mit unserer Kompetenz, insbesondere im Bereich IT-Transformation deutscher Großbanken, die geeigneten Stellschrauben zu betätigen. Kontaktieren Sie uns!

 

Quellen:

Heinemann, G., Kannen, K., & Bleil, S. (2020). Plattformökonomie und eCommerce im Banking: Grundlagen, Plattform-Geschäftsmodelle, Optionen und Lösungsansätze. Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH.

Junghanns, H., Niebudek, M., & Partner, P. D. (2019). Platform Banking & Digital Ecosystems. Cooperation with third-party providers as an important factor for providing a wide range of services and products. PwC. Available online at www.pwc.de/de/finanzdienstleistungen/studyplatform-banking-and-digital-ecosystems.

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